München:

Wie gut sind das NetzDG und der europäische „Digital Services Act“ (DSA) gegen Hass und Hetze? Welche Verantwortung tragen die Internet-Riesen? Bayerns Justizminister Eisenreich veranstaltete Online-Diskussion / Eisenreich: „Der Digital Services Act darf keinesfalls hinter dem Schutzniveau des NetzDG zurückbleiben“

Etwa 66 Millionen Menschen in Deutschland nutzen soziale Medien. Allein zwischen 2020 und 2021 ist die Zahl um 7,7 Millionen gestiegen. Hass und Hetze haben unterdessen ein erschreckendes Ausmaß angenommen und sich zu einer Gefahr für die Demokratie entwickelt. Wie gut sind das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und der Entwurf des europäischen Regelwerks „Digital Services Act“ (DSA)? Welche Verantwortung tragen die großen Konzerne? Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hatte dazu gestern Abend (19. Mai) zu einer Online-Podiumsdiskussion (siehe Hintergrund) eingeladen.

Eisenreich: „Social-Media-Plattformen sind Teil unseres täglichen Lebens. Viele nutzen diese Plattformen gerne. Gleichzeitig hat sich im Internet etwas zusammengebraut, das eine Gefahr für unsere Demokratie ist.“

Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen strafbaren Hass und Hetze war die Verabschiedung des NetzDG im Herbst 2017. Die Bundesregierung hat zudem zwei Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht, die das NetzDG nachschärfen sollen: U.a. eine Anzeigepflicht beim Bundeskriminalamt (die am 1. Februar 2022 in Kraft tritt), strengere Transparenzvorgaben und die Möglichkeit von Gegenvorstellungs- und außergerichtlichen Schlichtungsverfahren.

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Die Europäische Union hat im Dezember 2020 einen Regelungsvorschlag für ganz Europa vorgelegt. Eisenreich dazu: „Es besteht aber noch viel Nachbesserungsbedarf. Beispielsweise dürfen bei der Bekämpfung von Hate Speech die Regelungen des Digital Services Act keinesfalls hinter dem Schutzniveau des deutschen NetzDG zurückbleiben.“ Unzureichend sei beispielsweise die Löschpflicht geregelt: „Das NetzDG normiert eine klare Verpflichtung sozialer Netzwerke, bestimmte strafbare Inhalte nach Meldung binnen einer bestimmten kurzen Frist zu löschen. Dies sucht man im Entwurfstext des DSA vergeblich.“ Völlig unklar sei zudem, ob der DSA gesetzliche Löschpflichten nach dem Vorbild des NetzDG im nationalen Recht überhaupt noch zulässt. Für Sanktionen soll nach dem DSA künftig grundsätzlich der EU-Mitgliedstaat zuständig sein, in dem der Plattformbetreiber seinen Sitz hat. Eisenreich: „Das wäre ein weiterer schwerer Rückschritt. Deutschland darf nicht der im NetzDG sehr ausführlich geregelte Vollzug von Eingriffsmaßnahmen gegen die Plattformbetreiber aus der Hand genommen werden.“

Für den Minister sind aber auch die großen Internet-Konzerne gefragt: „Plattformen müssen ihrer Verantwortung stärker gerecht werden. Wir können die Urheber von Hate Speech nur effektiv verfolgen, wenn wir sie identifizieren können. Deshalb müssen die Auskunftsersuchen unserer Strafverfolgungsbehörden ohne Wenn und Aber beantwortet werden.“

Hintergrund:

Mittwoch, 19. Mai, ab 20 Uhr.

Online-Veranstaltung für angemeldete Zuschauer auf Einladung des Bayerischen Staatsministers der Justiz Georg Eisenreich (MdL) und der Bayerischen Vertretung in Berlin.

Teilnehmer waren:

Georg Eisenreich (CSU) ist Mitglied des Bayerischen Landtags und Staatsminister der Justiz. Zuvor war er bayerischer Staatsminister für Digitales, Medien und Europa.

Renate Künast ist Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz a.D. und Rechtsanwältin. Sie wehrt sich gegen Diffamierung im Netz. Aktuell hat sie Facebook verklagt.

Georg Mascolo ist Journalist und Netzwerkexperte.

Jürgen Peter ist Vize-Präsident des Bundeskriminalamtes.

Marie-Teresa Weber ist Public Policy Managerin bei Facebook Deutschland.

Quelle: stmj.bayern.de

Von redaktion