Berlin:

* Die deutsche Wirtschaft zeigt sich vor dem Hintergrund gestiegener externer
Risiken im zweiten Quartal 2012 bislang stabil. Ihre Grunddynamik hat sich
aber verlangsamt.
* Produktion und Bestelltätigkeit in der Industrie gaben nach kräftigen
Zuwächsen im Vormonat zu Beginn des zweiten Quartals nach. Der teilweise
deutliche Rückgang der Stimmungsindikatoren spiegelt die erhöhten Risiken
aus dem internationalen Umfeld wider.
* Der anhaltende Beschäftigungsaufschwung und eine positive
Einkommensentwicklung bilden weiterhin wichtige Rahmenbedingungen für eine
robuste Binnenkonjunktur.

Die deutsche Wirtschaft erweist sich in einem schwierigen internationalen Umfeld
weiterhin als stabil. Mit einem überraschend starken Wachstumsschub im ersten
Quartal wurde die kurze Wachstumsschwäche des vierten Quartals 2011 überwunden.
Im Verlauf des zweiten Jahresviertels sind jedoch die Risiken für die
konjunkturelle Erholung wieder stärker ins Blickfeld gerückt. Sowohl die
realwirtschaftlichen Indikatoren als auch die Einschätzungen in aktuellen
Umfragen haben nachgegeben. Die im Frühjahr aufgekommene Erwartung einer
wirtschaftlichen Belebung, die sich auf nachlassende Spannungen im Euroraum und
auf gute Daten aus wichtigen Wirtschaftsnationen stützte, ist aktuell einer
erhöhten Skepsis gewichen. Sorgen über das Wirtschaftswachstum, insbesondere in
der Eurozone, aber auch in den USA oder China traten wieder deutlicher zu Tage.
Zudem verschärften sich die Probleme in den Bankensektoren einzelner europäischer
Peripheriestaaten und die Unsicherheit über die weitere politische Entwicklung in
Griechenland nahm zu. All dies führte zu gestiegener Unruhe an den Finanz- und
Aktienmärkten. In der Perspektive bleibt die binnenwirtschaftlich robuste
deutsche Konjunktur
<http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/konjunktur.html> damit nach wie
vor erheblichen externen Risiken ausgesetzt.

Es ist daher richtig, dass sich die Europäische Kommission Gedanken darüber
macht, wie die Bankenaufsicht in Europa weiter verbessert werden kann. Allerdings
kann das Ziel nicht eine weitere Vergemeinschaftung von Risiken im Bankensektor
sein. Die von der Kommission gemachten Vorschläge sind zudem kein kurzfristiges
Kriseninstrument. Sie würden eine umfangreiche Reform der rechtlichen Grundlagen
auf nationaler wie auf europäischer Ebene erfordern. Um Vertrauen von Unternehmen
und Verbrauchern zu stabilisieren, ist deshalb aktuell die möglichst rasche
Verabschiedung des Fiskalvertrags von ganz zentraler Bedeutung.

Der deutsche Außenhandel
<http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Aussenwirtschaft/handelspolitik-eu-wto,did=192958.html>
konnte von dem sich wieder belebenden Welthandel profitieren. Im ersten Quartal
[1] stiegen die Warenausfuhren um 2,7 %. Die Einfuhren erhöhten sich um 2,4 %
[2].

In der deutschen Industrie
<http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/industrie.html> kam es nach dem
positiven Produktionsergebnis im Vormonat im April zu einer Gegenbewegung
(-2,4 %). Gleichzeitig war der Rückgang der Erzeugung im Bauhauptgewerbe (-6,0 %)
im April zu erwarten gewesen, da der Vormonat durch witterungsbedingte
Nachholeffekte nach oben überzeichnet war. Insgesamt blieb die Produktion im
Produzierenden Gewerbe in der Tendenz stabil. Die Aussichten für die Entwicklung
in der Industrie sind weiterhin durch erhöhte Unsicherheit gekennzeichnet. Die
Auftragseingänge im März sind aufgrund von Nachmeldungen deutlich aufwärts
revidiert worden (März: +3,2 %). Trotz des aktuellen Rückpralls im April um 1,9 %
haben sie offenbar ihren Tiefpunkt im ersten Quartal hinter sich gelassen. Bei
leichtem Anstieg der Inlandsnachfrage erhöhten sich die Bestellungen aus dem
Ausland weiterhin merklich stärker. Allerdings stehen der tendenziellen Besserung
der Nachfrage zuletzt deutlich schwächere Umfrageergebnisse bei Einkaufsmanagern
und Unternehmen gegenüber.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin positiv. Die schwächeren
konjunkturellen Impulse führten aber zu einer nachlassenden Dynamik. Die
Beschäftigung wurde im April um saisonbereinigt 29.000 Erwerbstätige ausgeweitet.
Die Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist nach wie vor
sehr kräftig. Insgesamt waren im April 41,42 Millionen Personen erwerbstätig. Die
Zahl der registrierten Arbeitslosen ging im Mai etwas weniger stark als saisonal
üblich auf 2,855 Millionen zurück. Bei leichten Abschlägen einzelner Indikatoren
bewegt sich die Nachfrage nach Arbeitskräften weiterhin auf hohem Niveau. Alles
in allem bleibt der Arbeitsmarkt eine maßgebliche Stütze für die
Binnenkonjunktur.

Dank der anhaltenden Beschäftigungszunahme und der positiven Lohnentwicklung
werden die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte weiter ansteigen und zur
Stärkung der Kaufkraft der Verbraucher beitragen. Die Umsätze im Einzelhandel
tendieren nach einer längeren Abwärtsbewegung wieder leicht aufwärts. Zugleich
hat der in den vergangenen Monaten erhöhte Preisdruck etwas nachgelassen. Im Mai
lag die Preissteigerungsrate zum Vorjahr bei 1,9 % und damit erstmals seit
anderthalb Jahren wieder unter der 2-Prozent-Marke. Die Perspektiven für den
privaten Konsum bleiben damit freundlich.

Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und
Entwicklung wird in der Juli-Ausgabe des Monatsberichts „Schlaglichter der
Wirtschaftspolitik“ veröffentlicht. Die Juli-Ausgabe wird voraussichtlich Ende
der 25. Kalenderwoche auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie zu finden sein.

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[1] Werte für April werden vom Statistischen Bundesamt am 8. Juni veröffentlicht.
[2] Soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich alle Veränderungsraten saison-
und arbeitstäglich bereinigt (X-12-ARIMA-Verfahren) auf die jeweilige Vorperiode.

Quelle: bmwi.de

Von redaktion