Berlin:

Zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Mietrechtsreform erklärt
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
Ein modernes Mietrecht sorgt auch für mehr Klimaschutz und unterstützt die Energiewende. Das neue
Mietrecht schafft Anreize zur energetischen Sanierung, schafft Abhilfe gegen das sogenannte
Mietnomadentum und stärkt den Mieterschutz bei der Umwandlung von Miete in Eigentum.
Für Ressourcenschonung und Klimaschutz müssen alle ihren Beitrag leisten. Die Mietrechtsreform
verteilt ihre Vorteile und Lasten fair auf Vermieter und Mieter und erleichtert energetische
Modernisierungen im vermieteten Wohnraumbestand. Um die Energieeffizienz dieses „schlafenden
Riesen“ zu wecken, schafft das neue Mietrecht richtige Anreize, indem der Mietminderungsanspruch
bei energetischen Sanierungen erst nach drei Monate geltend gemacht werden kann. Umgekehrt
profitieren die Mieter von geringeren Nebenkosten. Der Vermieter darf wie bei anderen Sanierungen
auch nach geltendem Recht jährlich maximal 11 Prozent der Kosten für die Modernisierungen auf die
Miete umlegen.
Gegen das sogenannte Mietnomadentum wird durch die neuen Regelungen besser vorgegangen. Dies stärkt
insbesondere die Situation von Kleinvermietern. Sie können künftig auf die in der Praxis
entwickelte „Berliner Räumung“ zurückgreifen, denn dieses Modell ist Grundlage für die gesetzliche
Neuregelung. Die „Berliner Räumung“ ermöglicht es Vermietern, die Wohnung durch den
Gerichtsvollzieher räumen zu lassen, ohne gleichzeitig die Gegenstände in der Wohnung – oftmals
kostenaufwendig – wegschaffen und einlagern zu müssen. Vermieter sollen im Zivilprozess Zahlungs-
und Räumungsansprüche gegenüber sog. „Mietnomaden“ leichter durchsetzen können. Der Mieter kann
künftig vom Gericht verpflichtet werden, eine Sicherheit für Mietschulden zu stellen, die während
langwieriger Prozesse auflaufen. Befolgt er diese Anordnung nicht, kann die Wohnung im Eilverfahren
geräumt werden.
Im Interesse der Mieter werden wiederum Schutzlücken bei der Umwandlung von Wohnraum in
Eigentumswohnungen geschlossen. Die Umgehung des Kündigungsschutzes bei der Umwandlung in
Eigentumswohnungen nach dem „Münchener Modell“ wird künftig verhindert. In Zukunft wird der Schutz
vor Eigenbedarfskündigungen für drei Jahre auch dann greifen, wenn eine Personengesellschaft ein
Mietshaus von vornherein mit dem Ziel erwirbt, die Wohnungen zum Nutzen ihrer Mitglieder in
Eigentumswohnungen umzuwandeln.
Auf eine gesetzliche Grundlage wurde auch das Contracting gestellt. Contracting kann Energie sparen
oder Energie effizienter nutzen, weil die Wärmelieferung auf einen externen Anbieter übertragen
wird. In Zukunft kann der Vermieter die Übertragung ohne Zustimmung des Mieters vornehmen, sofern
die Umstellung kostenneutral erfolgt. Die Kosten können auf den Mieter umgelegt werden, wenn für
ihn dadurch die Kosten von Heizung und Warmwasser nicht steigen.
Zum Hintergrund:
Der Entwurf betrifft vier Regelungskomplexe: Die energetische Modernisierung von Wohnraum, die
Förderung des Contracting, die Bekämpfung des Mietnomadentums und den Kündigungsschutz bei der
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Im Einzelnen:
I. Energetische Modernisierung
Das Mietrecht muss dafür sorgen, dass Nutzen und Lasten einer energetischen Modernisierung
ausgewogen zwischen Vermieter und Mieter verteilt werden.
– Die Vorschriften über die Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (bisher: § 554
BGB) werden reformiert. Größeres Gewicht erhält der neu geschaffene Tatbestand der „energetischen
Modernisierung“. Er umfasst alle Maßnahmen, die zur Energieeinsparung in Bezug auf die Mietsache
beitragen, etwa den Einsatz von Solartechnik für die Warmwasserbereitung. Das schafft
Rechtssicherheit für den investitionswilligen Vermieter. Rein klimaschützende Maßnahmen oder
Maßnahmen wie die Installation einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach, deren Strom der Vermieter in
das öffentliche Stromnetz einspeist, muss der Mieter zwar dulden. Sie berechtigen aber nicht zur
Mieterhöhung.
– Energetische Modernisierungen sollen für eine begrenzte Zeit von drei Monaten nicht mehr zu einer
Mietminderung (§ 536 BGB) führen. Ist etwa eine Dämmung der Außenfassade mit Baulärm verbunden, ist
für die Dauer von drei Monaten die Mietminderung wegen dieser Beeinträchtigung ausgeschlossen. Ab
dem vierten Monat kann eine Mietminderung wie bisher geltend gemacht werden, sofern die Baumaßnahme
bis dahin nicht abgeschlossen und die Nutzung der Wohnung weiter beeinträchtigt ist. Der
vorübergehende Minderungsausschluss gilt nur für energetische Modernisierungen. Bei anderen
Modernisierungen (z.B. Modernisierung eines Bades) bleibt es beim unbeschränkten Minderungsrecht.
Unberührt bleibt natürlich auch das Recht des Mieters zur Mietminderung, wenn die Wohnung wegen der
Baumaßnahmen nicht mehr benutzbar ist.
– Bei dem Grundsatz, dass die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen mit jährlich maximal elf Prozent
auf die Miete umgelegt werden können, wird das geltende Recht nicht verändert (§ 559 BGB). Die
Umlagemöglichkeit gilt auch für die energetische Modernisierung. Kosten für Erhaltungsaufwendungen,
die mit Modernisierungen verbunden sind, berechtigen nicht zur Mieterhöhung. Dieser Abzugsposten
wird im Mieterinteresse künftig ausdrücklich geregelt; diese Klarstellung fehlte im Gesetz bislang.
– Bisher konnte sich der Beginn von Modernisierungsmaßnahmen verzögern, wenn der Mieter vorträgt,
dass die gesetzlich vorgesehene Umlage von Modernisierungskosten eine für ihn unzumutbare
wirtschaftliche Härte sei. Diese Härtefallprüfung wird in das spätere Mieterhöhungsverfahren
verlagert, damit die Modernisierung zunächst ohne Verzögerungen realisiert werden kann. Beruft sich
also ein Mieter darauf, dass er nach seinem Einkommen eine spätere Modernisierungsumlage nicht
verkraften kann, so kann der Vermieter die geplante Maßnahme dennoch durchführen. Das schafft
Planungssicherheit in der Bauphase. Der Härtegrund der fehlenden wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit wird im Mieterhöhungsverfahren nach Abschluss der Maßnahmen geprüft, auch der
Abwägungsmaßstab wird nicht verschärft. Der Mieter behält also seinen umfassenden Schutz vor
Mieterhöhungen, die er nicht tragen kann. Er muss also, wenn der Härtegrund gegeben ist, trotz zu
duldender Modernisierung später eine mögliche erhöhte Miete nicht zahlen.
– Die formalen Anforderungen an die Begründungspflichten des Vermieters bei Modernisierungen werden
gesenkt, um überzogene Anforderungen zu beseitigen. Der Vermieter kann sich etwa auf anerkannte
Pauschalwerte berufen, um die Wärmeleitfähigkeit alter Fenster zu beschreiben, die ausgetauscht
werden sollen. Die Rechtsprechung verlangt hier bisher teilweise kostspielige
Sachverständigengutachten.
– In den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) wird gesetzlich
klargestellt, dass die energetische Ausstattung und Beschaffenheit bei der Bildung der ortsüblichen
Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind. Energetische Kriterien sollen so künftig auch verstärkt in
Mietspiegeln abgebildet werden.
II. Wirkungsvolles Vorgehen gegen das sogenannte Mietnomadentum
Gegen das sogenannte Mietnomadentum kann durch neue Verfahrensregeln verbessert vorgegangen werden:
– Mit einer neuen Sicherungsanordnung kann der Mieter vom Gericht verpflichtet werden, für die
während eines Gerichtsverfahrens Monat für Monat auflaufende Miete eine Sicherheit (z. B.
Bürgschaft, Hinterlegung von Geld) zu leisten. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter
durch das Gerichtsverfahren einen wirtschaftlichen Schaden erleidet, weil der Mieter am Ende des
Prozesses nicht mehr in der Lage ist, die während des Prozesses aufgelaufenen Mietschulden zu
bezahlen. Befolgt der Mieter bei einer Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs eine vom Gericht
erlassene Sicherungsanordnung nicht, kann der Vermieter im Wege des einstweiligen Rechtschutzes
schneller als bislang ein Räumungsurteil erwirken.
– Die in der Praxis entwickelte „Berliner Räumung“ erleichtert die Vollstreckung von
Räumungsurteilen. Sie wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Hat ein Vermieter vor Gericht
ein Räumungsurteil erstritten, soll der Gerichtsvollzieher die Wohnung räumen können, ohne
gleichzeitig die – oft kostenaufwendigen – Wegschaffung und Einlagerung der Gegenstände in der
Wohnung durchzuführen. Die Räumung kann also darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz
der Wohnung zu setzen. Auf diese Weise fällt kein Kostenvorschuss für Abtransport und Einlagerung
der in der Wohnung verbleibenden Gegenstände an. Die Haftung des Vermieters für die vom Schuldner
zurückgelassenen Gegenstände wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt.
– Wenn der Gerichtsvollzieher an der Wohnungstür klingelt, um ein Räumungsurteil zu vollstrecken,
öffnet manchmal ein Unbekannter die Tür und behauptet, Untermieter zu sein. Auch wenn der Vermieter
von der Untermiete nichts wusste, kann die Wohnung zunächst nicht geräumt werden, weil das
Räumungsurteil nur gegen die Personen wirkt, die dort benannt sind. Ein neuer Anspruch im
einstweiligen Verfügungsverfahren gibt dem Vermieter die Möglichkeit, in dieser Situation schnell
einen weiteren Räumungstitel auch gegen den unberechtigten Untermieter zu bekommen.
III. Contracting
Mit der Umstellung auf Contracting (gewerbliche Wärmelieferung durch ein spezialisiertes
Unternehmen) kann Energie gespart oder effizienter genutzt werden. Vermieter, die bisher in
Eigenregie für die Wärmeversorgung ihrer Häuser gesorgt haben, können einen Beitrag zu Klimaschutz
und Ressourcenschonung leisten, wenn sie einen gewerblichen Wärmelieferanten beauftragen, der in
der Regel in eine neue, sparsamere Heizungsanlage investiert. Die Umlage der Contractingkosten auf
den Mieter anstelle der bisherigen Heizkosten, und damit ein Umstellungsanspruch des Vermieters,
wird gesetzlich geregelt. Wenn Vermieter von der Wärmeversorgung in Eigenregie auf Wärmelieferung
durch einen gewerblichen Anbieter umstellen, können sie die Kosten dieser Wärmelieferung künftig
unter folgenden Voraussetzungen als Betriebskosten auf den Mieter umlegen: In der Regel muss der
Contractor eine neue Anlage errichten oder die Wärme aus einem Wärmenetz liefern, z.B. als
Fernwärme oder aus einem Blockheizkraftwerk. Bei Bestandsanlagen, die noch effizient weiter
betrieben werden können, kann er sich auch auf die verbesserte Betriebsführung beschränken. In
jedem Fall muss die Umstellung für den Mieter kostenneutral sein. Außerdem muss die Umstellung
rechtzeitig zuvor angekündigt werden, damit der betroffene Mieter prüfen kann, ob die
Voraussetzungen für eine spätere Umlage als Betriebskosten tatsächlich vorliegen.
IV. Unterbindung des „Münchener Modells“
Der bewährte Mieterschutz bei der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen darf nicht
durch das sogenannte Münchener Modell umgangen werden. § 577 a BGB sieht derzeit einen Schutz vor
Eigenbedarfskündigungen für drei Jahre vor, wenn Mietshäuser in Wohneigentum umgewandelt und die
Wohnungen sodann veräußert werden. Die Landesregierungen können diese Frist für gefährdete Gebiete
(Ballungsräume) bis auf zehn Jahre verlängern. Das „Münchener Modell“ ist dadurch geprägt, dass
eine Personengesellschaft (z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts) ein Mietshaus von vorn
herein mit dem Ziel erwirbt, ihren Mitgliedern die Nutzung der Wohnungen zu ermöglichen und die
Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Noch vor der Umwandlung kündigt die Gesellschaft einem
oder mehreren Mietern wegen Eigenbedarfs einzelner Gesellschafter. Auf diese Weise wird der in §
577a BGB verankerte Schutz vor Eigenbedarfskündigungen nach Umwandlung in Wohneigentum umgangen.
Diese Schutzlücke wird jetzt geschlossen.

Quelle: bmj.de

Von redaktion