München:

Strafverfolgungsstatistik 2022

Insgesamt rund 109.000 Personen rechtskräftig verurteilt / Schleuserkriminalität
und gewaltbereite Jugendliche / Justizminister Eisenreich: „Das Risiko,
in Bayern Opfer einer Straftat zu werden, ist gering. Im Freistaat lebt
es sich sicher. Allerdings gibt es auch Entwicklungen, die Sorgen machen.“
Im Freistaat lebt es sich sicher. So das Fazit von
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich bei der Vorstellung
der Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2022 im Münchner Justizpalast.

@stmj.bayern.de

Diese wird jedes Jahr vom Bayerischen Landesamt für Statistik erstellt
und bildet die rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor bayerischen
Strafgerichten ab. Eisenreich: „Bayerns Strafgerichte
haben im Jahr 2022, wie im Vorjahr, etwa 109.000 Personen verurteilt. Das
Risiko, in Bayern Opfer einer Straftat zu werden, ist gering. Allerdings
gibt es Entwicklungen, die Sorgen machen. So ist im Jahr 2022 ein Anstieg
im Bereich Volksverhetzung, Schleuserkriminalität und bei gefährlichen
Körperverletzungen durch Jugendliche zu beobachten.“ Die
Verurteilten 2022 in Zahlen: Insgesamt
109.131 Personen sind im vergangenen Jahr im Freistaat
rechtskräftig verurteilt worden, ein minimales Plus von 0,1 % gegenüber
dem Vorjahr. Zum Vergleich: 2021 waren es 109.024. Die
Mehrzahl der Verurteilten war männlich, Frauen hatten
einen Anteil von 17,8 %. 48.268 nicht-deutsche
Täter wurden im Jahr 2022 in Bayern verurteilt, ein leichter
Anstieg von 1,1 %. Der prozentuale Anteil an allen Verurteilten liegt bei
44,2 %, etwas höher als im Jahr 2021 (43,8 %). Ohne Berücksichtigung
der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz,
die täterschaftlich überwiegend nur von Menschen ohne deutsche
Staatsangehörigkeit begangen werden können, liegt ihr prozentualer
Anteil an den insgesamt Verurteilten bei 42,3 % (41,8 % in 2021).
7.065 Verurteilte waren Heranwachsende
(im Alter zwischen 18 und 21 Jahren) – 7,4 % weniger als im Vorjahr
und 4.106 waren Jugendliche (-4,8 %). Auffälligkeiten:
Hass und Hetze nehmen weiter zu. Hass
und Hetze verbreiten sich in erschreckendem Ausmaß. 297 Täter
wurden 2022 insgesamt wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB) verurteilt
(+17,9 %). 98 Täter hatten den nationalsozialistischen Völkermord
gebilligt, geleugnet oder verharmlost (§ 130 Abs. 3 StGB)
– ein Plus von 145 %. Eisenreich: „Der
Kampf gegen Hasskriminalität steht ganz oben auf meiner persönlichen
Agenda. Wir haben zahlreiche Maßnahmen gegen Hass und Hetze eingeleitet,
die Wirkung zeigen. Hasskriminalität erhält immer wieder neuen
Nährboden: Erst durch Corona, dann durch den Krieg in der Ukraine,
seit Oktober durch den Terror-Angriff der Hamas auf Israel.“
Mehr Gewaltkriminalität von Jugendlichen.
Insgesamt gab es im Jahr 2022 etwas weniger tatverdächtige
Jugendliche und Heranwachsende. Aber: Im Bereich der Jugendgewaltkriminalität
sind Zuwächse festzustellen. 641 Jugendliche wurden bayernweit wegen
Straftaten der Gewaltkriminalität verurteilt (+4,6 %). Besonders deutlich
ist die Steigerung bei der gefährlichen Körperverletzung nach
§ 224 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 StGB von 14,7 % (477 verurteilte Jugendliche
gegenüber 416 im Jahr 2021). Dazu gehören beispielsweise Angriffe
mit Messern, Baseballschlägern oder aus Gruppen heraus. Eisenreich:
„Durch Prävention einerseits und durch eine frühzeitige
Intervention andererseits sollen Straftaten im Leben von jungen Menschen
vermieden werden. Ein großer Teil der schweren und wiederholten Taten
wird durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern und aus Gruppen heraus
verübt. Jugendliche Intensivtäter müssen frühzeitig
gestoppt werden.“ Auf Initiative Bayerns hat die Justizministerkonferenz
in diesem November den Bundesminister der Justiz gebeten, eine bundesweite
Studie zu den Ursachen der gestiegenen Kinder- und Jugendgewalt in Auftrag
zu geben und auf dieser Grundlage zu prüfen, ob gesetzliche Änderungen
angezeigt sind. Mehr Kinderpornografie im
Umlauf. Wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer
Inhalte (§ 184b StGB) wurden 676 Personen verurteilt, 21,1 %
mehr als im Vorjahr (2021 waren es 558). Nachdem die Mindeststrafe
2021 auf ein Jahr erhöht wurde, plant der Bundesjustizminister, die
Mindestfreiheitsstrafe auf sechs bzw. drei Monate abzusenken. Eisenreich
zu dieser geplanten Änderung: „Die Hochstufung zu einem Verbrechen
war zu undifferenziert. In besonderen Einzelfällen wird der bisherige
Strafrahmen von mindestens einem Jahr dem Unrechtsgehalt der Taten nicht
gerecht. Dies gilt beispielsweise für Fälle, in denen Eltern
kinderpornografische Fotos aus Chats ihrer Kinder anderen Eltern zu Warnzwecken
weiterleiten. Die Justizministerkonferenz hat sich daher im Herbst 2022 und
in diesem Frühjahr dafür ausgesprochen, die Mindeststrafe für
Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornografie abzusenken, um Ausnahmefällen
besser Rechnung tragen zu können. Ich begrüße, dass der
Bundesjustizminister diese Beschlüsse aufgreift. Der Schutz von Kindern
hat in der bayerischen Justiz höchste Priorität. Deshalb arbeiten
wir mit großem Einsatz daran, dass der Umgang mit Kinderpornografie in
den anderen Fällen konsequent bestraft wird.“
Mehr Schleuser aus dem Verkehr gezogen. Die Zahl der
verurteilten Schleuser nach § 96 Aufenthaltsgesetz ist im vergangenen
Jahr mit 525 Tätern im Vergleich zum Vorjahr um 16,2 % gestiegen.
Eisenreich: „Organisierte Schleusergruppen gehen
äußerst skrupellos vor. Diese Straftaten werden bei uns nicht
geduldet, sondern mit Nachdruck verfolgt.“ Bayerns Justiz hat auf
diese Entwicklung frühzeitig reagiert. Bereits seit 2018 bestehen
bei den grenznahen Staatsanwaltschaften Spezialabteilungen nach dem sogenannten
„Traunsteiner Modell“. Mehr Trunkenheitsfahrten.
Straftaten im Straßenverkehr führen mit einem Anteil
von etwa einem Viertel an allen Straftaten die Statistik traditionell an.
Im Jahr 2022 waren es 25,3 % – ein Plus von 4,4 %. Auffällig:
Die Trunkenheitsfahrten sind nach einer deutlichen Abnahme im Jahr 2021
um 16,2 % wieder erheblich um 18,5 % gestiegen. Eisenreich:
„Nach dem Ende der Corona-Pandemie ist wieder deutlich mehr Alkohol
am Steuer erkennbar.“ Weiterer Reformbedarf:
Kampf gegen Antisemitismus: „Nach
dem menschenverachtenden Terror-Angriff der Hamas auf Israel kam es seit
dem 7. Oktober 2023 in zahlreichen deutschen Städten zu Versammlungen,
bei denen das barbarische Vorgehen gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung
gefeiert wurde“, so Eisenreich. Das geltende Strafrecht
werde dem besonderen Unrecht dieser Handlungen zum Teil nicht gerecht.
Der Minister: „Deshalb hat Bayern
am vergangenen Freitag im Bundesrat einen Gesetzesantrag für eine
Bundesratsinitiative vorgestellt, um die sogenannte Sympathiewerbung für
terroristische Vereinigungen wieder unter Strafe zu stellen.“
Verurteilungen von Stalkern: 107 Personen
(93 Männer und 14 Frauen) wurden 2022 wegen Nachstellung (§ 238
StGB) für schuldig befunden, ähnlich viele wie im Vorjahr. Eisenreich:
„Seit dem 1. Oktober 2021 gelten die von Bayern geforderten verschärften
Stalkingvorschriften. Wir müssen Stalkern frühzeitig Grenzen
setzen, um die Opfer besser zu schützen.“ Die Justizministerkonferenz
forderte im November auf Initiative Bayerns und Hamburgs einen besseren
Schutz vor heimlicher Überwachung durch Bluetooth-Tracker und Peilsender.
Der Minister warnt: „Die Vorstellung, jederzeit durch
den Ex-Partner aufgespürt werden zu können, kann gravierende
seelische und körperliche Folgen bei den Betroffenen auslösen.“
Wegen Cyberstraftaten (Computersabotage,
Datenveränderung, Abfangen und Ausspähen von Daten, Datenhehlerei)
wurden insgesamt nur 19 Personen verurteilt (2021: 15). Eisenreich:
„Die niedrige Zahl an Verurteilten zeigt einmal mehr den erhöhten
Reformbedarf. Das Strafrecht muss endlich mit der zunehmenden Digitalisierung
Schritt halten. Zum einen müssen die Strafrahmen der Grundtatbestände
angehoben und an die Strafen der analogen Welt angepasst werden. Zum anderen
muss das besondere Unrecht bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen
besonders geahndet werden. Bayern hat dazu Reformvorschläge vorgelegt.“
Kriminelle gehören oftmals zu den Ersten, die neue
technische Möglichkeiten für ihre Zwecke missbrauchen. Schon
jetzt greifen sie zu generativer KI und setzen
Deepfakes ein – täuschend echt wirkende Bilder, Stimmen
oder Videos. Bayerns Justizminister Eisenreich: „Wir
stehen am Beginn eines neuen Zeitalters. Vieles ist noch gar nicht absehbar.
Generative KI-Programme sind für jedermann verfügbar, immer leichter
zu bedienen und von immer besserer Qualität. Das Strafrecht muss deshalb
auf der Höhe der technologischen Entwicklungen sein.“ Auf Initiative
Bayerns fordern die Justizministerinnen und -minister das Bundesjustizministerium
auf, zusammen mit einer Expertengruppe aus Vertretern von Justiz und IT-Sicherheitsforschung
Klarheit über den rechtspolitischen Handlungsbedarf angesichts des
technologischen Fortschritts zu schaffen. Eisenreich:
„Das Tempo der Digitalisierung ist rasant. Mit dem technischen Fortschritt
werden sich auch die damit verbundenen strafrechtlichen Fragen weiter verändern.
Die Risiken müssen zeitnah in den Blick genommen werden.“
Eisenreichs Fazit: „Polizei und
Justiz setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass Bayern Deutschlands
sicherstes Bundesland bleibt. Dafür möchte ich mich bei allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Polizei und Justiz herzlich bedanken.
Die Strafgesetze werden jedoch in Berlin gemacht. Deshalb erwarte ich vom
Bundesjustizminister, dass er wichtige Reformen angeht.“

Quelle:stmj.bayern.de

Von redaktion