Berlin:

Abwasser: Wichtige Ressource und Informationsquelle für
Pandemiebekämpfung

Bundesgesundheits- und Bundesumweltministerium fördern Abwassermonitoring
mit wichtigen Informationen für Pandemieradar

Dr. Antje Draheim, die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium
hat heute zusammen mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Hamburger
Kläranlage besucht. Sie informierten sich dabei über das hier
durchgeführte SARS-CoV-2 Abwassermonitoring und den Pandemieradar sowie
über aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Abwasserwirtschaft. Das
gezielte Abwassermonitoring bietet die Chance, frühzeitig Infektionswellen
zu erkennen. Darüber hinaus sorgt das von HAMBURG WASSER auf hohem Niveau
gereinigte Abwasser für eine saubere und sichere Umwelt. Kläranlagen
leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz der
Bevölkerung und sichern zudem eine nachhaltige Nutzung der bei der
Abwasserbehandlung zurückgewonnenen Stoffe wie zum Beispiel Phosphor.

Staatssekretärin Dr. Antje Draheim: „Abwasseruntersuchungen helfen
Umwelt- und Gesundheitsaufsicht gleichermaßen. In der Pandemie hat sich
gezeigt, dass wir damit sehr früh Trends im Infektionsgeschehen ablesen
können. Dieses Frühwarnsystem ist wesentlicher Bestandteil des
Pandemieradars. Das Monitoring kann helfen, Gesundheitskrisen künftig
besser in den Griff zu bekommen.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Oft wird Abwasser nur als
Abfallprodukt angesehen. Dabei bietet die Abwasserbehandlung von
Kläranlagen Chancen für den Gesundheitsschutz und die Rückgewinnung von
Rohstoffen. Abwassermonitoring und Pandemieradar zeigen die erfolgreiche
Zusammenarbeit von Umwelt- und Gesundheitsseite und auch welcher
Informationsschatz sich im Abwasser findet. Abwasseruntersuchungen können
den Trend eines Infektionsgeschehens abbilden und als Frühwarnsystem im
Gesundheitsbereich dienen. Am Standort Hamburg zeigt sich außerdem am
Beispiel Phosphor, wie Stoffkreisläufe geschlossen werden können.“

HAMBURG WASSER-Geschäftsführer Ingo Hannemann: „Abwasser ist das neue
schwarze Gold und unser Klärwerk Hamburg wird mehr und mehr zur urbanen
Mine. Aus dem Klärschlamm, der bei der Reinigung des Abwassers entsteht,
gewinnen wir Biogas, das zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt wird.
Seit mehr als zehn Jahren produzieren wir Überschüsse, die wir an die
öffentlichen Netze abgeben. Mit neuen Technologien werden wir künftig
außerdem wichtige Rohstoffe wie beispielsweise Phosphor aus dem Abwasser
recyceln. Mit der Zulieferung von Abwasserproben für den RKI-Pandemieradar
helfen wir dabei, die öffentliche Gesundheitsprävention besser
aufzustellen. Wasserunternehmen wie HAMBURG WASSER wandeln sich bundesweit
zu breit aufgestellten Dienstleistungsbetrieben, die umfassende Services
für die Menschen in unserem Land bieten – echte Daseinsvorsorge eben.“

Hintergrundinformationen:

Im Oktober 2022 wurde der durch das Robert Koch-Institut betriebene
Pandemieradar in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen. Wichtiger
Bestandteil dieses Datendashboards ist die Trendanalyse der Viruslast im
Abwasser, für die SARS-CoV-2-Virusfragmente im Abwasser bestimmt werden
müssen. Schon mehr als 50 Kläranlagenstandorte in Deutschland liefern
bereits regelmäßig Daten zu SARS-CoV-2 Funden im Abwasser, welche über
das Umweltbundesamt (UBA), qualitätsgesichert an das Robert-Koch Institut
(RKI) weitergeleitet werden. Dort erfolgt anschließend die Trendberechnung
für die epidemiologische Lagebewertung. Etwa 170 Standorte sollen
insgesamt an den Pandemieradar angeschlossen werden. Die Abwasserproben
werden stichprobenartig auch auf neu auftretende Virusvarianten untersucht.
Derzeit werden zudem aus dem Abwasser der internationalen Flughäfen
Frankfurt/Main und Berlin Proben entnommen und auf Virusvarianten
analysiert. Daran sind auch die TU Darmstadt und das UBA beteiligt.

Die Analyse der Viruslast im Abwasser gibt unabhängig von Testungen an
Menschen oder Meldungen bei Gesundheitsbehörden Auskunft über die
Verbreitung von SARS-CoV-2-Viren und deren Varianten in Deutschland. Auch
asymptomatische Infektionen werden durch sie erfasst. Jedoch können aus
dem Abwassermonitoring keine Informationen über die individuelle Schwere
von Erkrankungen oder die klinische Relevanz etwaiger Virusvarianten
gewonnen werden. Ein Gesamtbild des aktuellen Pandemiegeschehens ergibt
sich, wenn alle zehn Indikatoren des Pandemieradars zusammengelesen werden.
Einmal fertig etabliert, kann das Abwassermonitoring als Frühwarnsystem
dienen: Die Kurve der Viruslast im Abwasser steigt in der Regel mehrere
Tage früher an als dies bei anderen Indikatoren des Pandemieradars der
Fall ist. Damit kann wertvolle Zeit gewonnen werden, um gegebenenfalls
Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus frühzeitig zu
ergreifen. Die Abwasserüberwachung wurde in mehreren Forschungsprojekten
mit Förderung der EU Kommission, des BMBF und einiger Länder in
Deutschland begonnen. Nunmehr finanziert das Bundesministerium für
Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und nukleare Sicherheit im Vorhaben „Abwasser-Monitoring für
die epidemiologische Lageüberwachung“ (AMELAG) die Etablierung fester
Strukturen zur Abwasserüberwachung mit über 30 Mio. Euro bis Ende 2024.

Im Oktober 2022 hat die EU Kommission einen Entwurf für die Novellierung
der Kommunalabwasser-Richtlinie vorgelegt. Mit dem Richtlinienentwurf der
Europäischen Kommission werden wichtige Anforderungen an die
Abwasserwirtschaft gestellt, um als Teil des Green Deals die
Null-Schadstoff-Vision 2050 zu verwirklichen. Bis 2050 soll die
Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden auf ein Niveau gesenkt werden,
welches die Gesundheit der Menschen und intakte Ökosysteme bewahrt.

Der Richtlinienentwurf umfasst auch weitere ambitionierte Ziele für den
Gesundheits-, Umwelt- und Ressourcenschutz. Bis 2040 sollen alle
Kläranlagen ab einer Größenklasse von 10.000 Einwohnerwerten
energieneutral sein, zudem soll Klärschlamm zukünftig so behandelt
werden, dass wichtige Rohstoffe wie Phosphor effektiv zurückgewonnen
werden können. Da Phosphor auf der Liste der EU für kritischen Rohstoffe
steht, ist die Rückgewinnung aus dem Abwasser und Klärschlamm von
Bedeutung für die nachhaltige Ressourcenschonung. Derzeit befindet sich
der Richtlinienentwurf in den Verhandlungen im Rat und im Europäischen
Parlament.

Die 2017 novellierte Deutsche Klärschlammverordnung (AbfKlärV) schreibt
ab 2029 eine Rückgewinnungspflicht des Nährstoffes Phosphor aus
Klärschlamm und Klärschlammaschen fest. Der von der EU als „kritisch“
eingestufte Nährstoff wird derzeit v.a. für Düngezwecke fast
ausschließlich aus Nicht-EU-Staaten – darunter auch Russland – und unter
umweltschädlichen Bedingungen abgebaut und importiert. Der aus
Klärschlamm und Klärschlammaschen zurückgewonnene Phosphor, soll v.a. in
der Landwirtschaft Einsatz finden. Die ab 2029 geltenden Vorschriften der
AbfKlärV sollen es ermöglichen, bis zu 40 % des in der Landwirtschaft
gebrauchten Phosphor-Mineraldüngers durch Rezyklate zu ersetzen.

Die Kläranlage von HAMBURG WASSER ist auf den hier genannten Feldern
bereits technologischer Vorreiter und zeigt welchen zusätzlich wichtigen
Beitrag, Kläranlagen neben der Abwasserbehandlung, in Zukunft für die
Gesellschaft leisten werden.

Hier leistet auch die durch das BMUV im Entwurf vorgelegte Nationale
Wasserstrategie einen wichtigen Beitrag, in dem die Wasserwirtschaft der
Zukunft effizient, ressourcenschonend und nachhaltig mit Natur und Umwelt,
Energie, Roh- und Wertstoffen umgeht. Die effiziente (Rück-)Gewinnung von
Energie, Wasser und Wertstoffen soll in stärkerer Kooperation mit anderen
Sektoren wie der Abfall-, Sekundärrohstoff- und Energiewirtschaft, der
Düngemittelproduktion und der Landwirtschaft umgesetzt werden. Damit wird
auch der EU-Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft umgesetzt: Abwasser und
Abwasserinhaltsstoffe werden als Ressource genutzt.

Weiterführende Informationen:

Information zum SARS-CoV-2 Monitoring im Abwasser in Deutschland
<https://www.bmuv.de/presseverteiler/lt.php?tid=y9tIwHzsfey2a7DGhcV9W8wUUYsvM4ontD60YTYpVyCBuBNZyf8roKSsg41K6FIQ>

Pandemieradar des RKI
<https://www.bmuv.de/presseverteiler/lt.php?tid=Z+jxQjtX+GGUrTPmglzz/8wUUYsvM+ontD60YTYpVyCBuBNZyf8roKSsg41K6FIQ>

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Neufassung)
<https://www.bmuv.de/presseverteiler/lt.php?tid=FYH/qaSXVOaWZhUX6cGO9swUUYsvM4ontD60YTYpVyCBuBNZyf9LoKSsg41K6FIQ>

Nationale Wasserstrategie (Entwurf BMUV)
<https://www.bmuv.de/presseverteiler/lt.php?tid=NI2jXSdOSOaiuCYaHM9P+cwUUYsvM6ontD60YTYpVyCBuBNZyf8LoKSsg41K6FIQ>

Quelle: bmuv.de

 

Von redaktion