Berlin:

600 Ostsee-Störe in die Oder ausgesetzt

Bundesumweltministerin Steffi Lemke fordert einen besseren Schutz des
Oder-Ökosystems

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat heute gemeinsam mit Dr. Jörn
Gessner vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
(IGB), sowie dem Leiter des Nationalparks Unteres Odertal, Dirk Treichel,
600 junge Störe bei Criewen in die Oder ausgewildert. Die neue Heimat der
kleinen Fische ist ein besonderer Lebensraum, denn die Oder ist der letzte
große Fluss in Deutschland, den Störe und andere Tiere noch über weite
Strecken barrierefrei durchwandern können. Seit 2006 ist sie das
Schwerpunktgebiet für die Wiederansiedlung des Baltischen Störs.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke überreichte außerdem den
Förderbescheid für ein neues Forschungsprojekt des IGB, das herausfinden
soll, wie die besetzten Störe in die Ostsee abwandern, wo sie sich
aufhalten und welchen Nutzungskonflikten sie ausgesetzt sind. Das
Bundesumweltministerium fördert das Vorhaben mit rund 1,8 Millionen Euro
aus dem Nationalen Artenhilfsprogramm-Programm.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Die Oder ist ein einzigartiges
Ökosystem, das nicht zuletzt durch die Umweltkatastrophe im Sommer 2022
massiv geschädigt wurde. Nach wie vor sind Renaturierungsmaßnahmen von
zentraler Bedeutung, um das sensible Ökosystem wiederherzustellen und
besser zu schützen. Die Oder ist gleichzeitig der geeignetste Lebensraum,
um dem Baltischem Stör, einem imposanten und in Europa verschollenem
Wanderfisch, eine neue Zukunft zu schaffen. Wir unterstützen deshalb nicht
nur die Wiederansiedlung des Baltischen Störs. Gleichzeitig ist
Renaturierung die beste Vorsorge, um das Ökosystem Oder gegen die Folgen
der Klimakrise widerstandsfähiger zu machen.“

IGB-Forscher Dr. Jörn Geßner: „Damit die Störe dann auch die
Bedingungen vorfinden, die sie für eine erfolgreiche Fortpflanzung
brauchen, müssen wir jetzt die richtigen Weichen stellen. Dazu gehört,
das Angebot an Laich- und Brutaufwuchsgebieten – wie Kies- und Sandbänke
und angebundene Nebengewässer – in der Oder zu erhalten und wo nötig
wiederherzustellen. Davon würde nicht nur der Stör profitieren, sondern
mit ihm auch viele weitere typische Fischarten und Flusslebewesen.“

Nationalparkleiter Dirk Treichel: „Hier im Nationalpark sehen wir, wie
ein naturnaher Fluss mit einer typischen, intakten Aue aussehen kann. Der
Nationalpark Unteres Odertal ist mit seinen naturgemäßen
Überflutungsflächen und seinem strengen Schutzstatus seit Beginn des
Wiederansiedlungsprojekts ein besonderer Schwerpunktraum. Nicht nur Störe,
auch z.B. die Grüne Flussjunger, eine Libellenart, haben hier übrigens
ihren Lebensraum. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, diese Flächen
zu bewahren, statt sie durch den Ausbau des Flusses für die Schifffahrt zu
gefährden.“

Seit 2007 hat das IGB mit zahlreichen Projektpartnern rund 3,5 Millionen
Jungtiere des Baltischen Störs (Acipenser oxyrinchus) in die Oder
entlassen. Heute sind 600 weitere Tiere hinzugekommen. Sie sollen helfen,
die einst hier ausgestorbene Art wieder im Fluss und in der Ostsee
anzusiedeln. Der Baltische Stör steht auf der Roten Liste der
Weltnaturschutzorganisation (IUCN). Keine Tiergruppe ist heute so stark
gefährdet wie Störe.

Ein neues Projekt mit dem Titel „HaffStör“, das vom Bundesamt für
Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMUV) in den
nächsten drei Jahren gefördert wird, soll die
Wiederansiedlungsbemühungen nun zusätzlich mit einer soliden Datenbasis
unterstützen: Um besser nachvollziehen zu können, wann und auf welchen
Wegen die Tiere in die Ostsee abwandern und wann sie gegebenenfalls wieder
zurückkehren, sollen die seltenen Fische mit Sendern versehen werden.
Dabei soll auch der Einfluss von Stör-Beifängen der Stellnetzfischerei im
Haff erfasst und zur Entwicklung von Beifang-mindernden Fischereitechniken
beitragen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Das neue Projekt „HaffStör“
leistet einen wichtigen Beitrag, um das Wissen zur Ökologie der Störe zu
verbessern und nachhaltige Fischerei zu unterstützen. Damit bringen wir
den Artenschutz und die Nutzung der natürlichen Ressourcen in Einklang.
Die Fischereibetriebe selbst sind wichtige Partner in diesem Vorhaben, denn
Naturschutz kann letztlich nur gemeinsam mit den Menschen vor Ort
gelingen.“

Partner des neuen Projekts sind neben dem IGB auch das Institut
fürFischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei
Mecklenburg-Vorpommern (LFA), die Universität Stettin, die lokale
Fischerei und der polnische Anglerverband in Westpommern sowie deutsche und
polnische Umweltverbände.

Hintergrundinformationen:

Langfristig sollten weitere Nebengewässer der Oder mit dem Fluss verbunden
werden, um vielfältigere Lebensräume und Refugien zu schaffen, deren
Produktivität und Diversität sich auch positiv auf den Hauptstrom
auswirken dürften. Wichtig ist zudem der Wasserrückhalt in den naturnahen
Flussauen der Oder – nicht nur als Wasserspeicher für den Fluss und die
ihn umgebende Landschaft, sondern auch als natürlicher Hochwasserschutz.

Renaturierung ist außerdem die beste Krisenprävention. Durch
Übernutzung, die Folgen der Klimakrise und Ausbaumaßnahmen verlieren
nicht nur Flussfische ihre Laich- und Lebensräume, sondern der ganze Fluss
seine Resilienz, also seine natürliche Widerstandskraft.

Quelle: bmuv.de

Von redaktion