Berlin:

Özdemir: Gleichstellung auf den Höfen muss vorangebracht werden
Bundesminister Özdemir eröffnet Konferenz zur Vorstellung der Landfrauenstudie

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat heute die Abschlusskonferenz zur Landfrauenstudie eröffnet. Mit der Studie liegt erstmals eine deutschlandweite Untersuchung zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft vor, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung gefördert hat. Expertinnen des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und der Universität Göttingen haben für die Studie mehr als 7.000 Frauen online befragt und mehr als 70 Interviews geführt. Unterstützt wurden sie dabei vom Deutschen LandFrauenverband.

Bundesminister Özdemir zu den Ergebnissen der Studie: „Durch die Studie wir haben nun endlich einen authentischen, verlässlichen Einblick in die Lebens- und Arbeitswirklichkeit von Frauen in der Landwirtschaft. Und das Wichtigste: Wir haben klare Handlungsempfehlungen, wie wir diese Lebens- und Arbeitswirklichkeit verbessern können. Auch wenn die Studie Fortschritte etwa bei der weiblichen Hofnachfolge aufzeigt, mahnen uns ihre Ergebnisse, dass noch erheblicher Handlungsbedarf besteht, bevor die Gleichstellung auf den Höfen Wirklichkeit wird.

Frauen jonglieren häufig nicht nur mit zwei oder drei Bällen, sondern oftmals mit fünf. Arbeit im Betrieb, Haushaltsführung, Versorgung der Kinder, die Pflege von Familienangehörigen und häufig noch Engagement im Ehrenamt. Ohne Frauen geht oft nichts auf den Höfen und in den Ställen. Doch die Ergebnisse zeigen, dass Frauen auf dem Land zwar systemrelevant, aber zugleich häufig wenig sichtbar sind, auch, was das Finanzielle betrifft. Da ist das Thema der Altersvorsorge und Absicherung von Frauen in der Landwirtschaft. So ist die Altersvorsorge der mitarbeitenden Frauen oftmals lückenhaft und an das Rollenverständnis des männlichen Hauptverdieners geknüpft. Wertschätzung ist wichtig, Anerkennung auch, aber darüber darf die finanzielle und soziale Absicherung nicht vergessen werden. Frauen in der Landwirtschaft müssen besser abgesichert werden. Das ist für mich eine ganz zentrale Botschaft aus unserer Landfrauenstudie!

Ich danke der Universität Göttingen und dem Thünen-Institut für die umfassende Erhebung sowie allen, die mitgemacht haben. Mein besonderer Dank geht auch an den Deutschen Landfrauenverband – für Ihre Arbeit, aber auch für ihre Hartnäckigkeit, was die Studie betrifft. Die Studienergebnisse liefern wichtige Impulse für alle Mitglieder der Bundesregierung, um die Gleichberechtigung der Geschlechter weiter voran zu treiben.“

Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass Frauen in landwirtschaftlichen Betrieben vielfältige Aufgaben übernehmen: 83 Prozent der befragten Frauen arbeiten im landwirtschaftlichen Betrieb und 52 Prozent in dazugehörenden Nebenbetrieben (z.B. Direktvermarktung, Tourismusangebote). Knapp 40 Prozent sind außerbetrieblich erwerbstätig. Fast alle der befragten Frauen (83 Prozent) sind zusätzlich im Haushalt tätig. Die Frauen tragen auf den Betrieben zudem überwiegend Mitverantwortung: 72 Prozent gaben an, an strategisch-unternehmerischen Entscheidungen beteiligt zu sein, 62 Prozent sind für Buchhaltung, Finanzen und Büro verantwortlich.

Dies spiegelt sich jedoch meist nicht in der rechtlichen Situation der Betriebe wieder: Obwohl sich die Frauen als (Mit-)Unternehmerin verstehen, geben nur 11 Prozent der Befragten an, dass ihnen der gesamte Betrieb gehört, nur 24 Prozent gehört ein Teil der Flächen oder Gebäude. Im europäischen Vergleich rangiert Deutschland bei der Betriebsleitung durch Frauen auf den hinteren Plätzen. Auch bei der vorgesehenen Hofnachfolge liegt der Frauenanteil lediglich bei 18 Prozent. Zu den weiteren Herausforderungen, die die Studie identifiziert, gehört die soziale Absicherung der Frauen für das Alter oder etwa im Falle von Trennung bzw. Scheidung. Auch im Bereich der Gesundheitsvorsorge zeigen sich Schwachstellen.

Die Expertinnen formulieren vor diesem Hintergrund konkrete Handlungsempfehlungen – unter anderem zu der Verbesserung der Altersvorsorge, dem Ausbau der Bildungs- und Beratungsangebote für Frauen, aber auch zu Verbesserungen der öffentlichen Infrastruktur in ländlichen Räumen. Konkret werden etwa niedrigschwellige Förderprogramme für landwirtschaftliche Existenzgründerinnen, eine bessere Aufklärung von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern über die gesundheitlichen Risiken für Frauen am Arbeitsplatz in der Landwirtschaft und zu Regelungen zu Mutterschutz sowie Elternzeit, aber auch die Stärkung der Position von Hofnachfolgerinnen und potentiellen leitenden Angestellten in Form von speziellen Lehrgängen oder Mentoring-Programmen vorgeschlagen.

Hintergrund:
Für die „Studie zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft in Deutschland“ führten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und des Lehrstuhls für Soziologie Ländlicher Räume der Georg-August-Universität Göttingen von 2019 bis 2022 deutschlandweit qualitative und quantitative Untersuchungen durch. Unterstützt wurden sie dabei vom Deutschen LandFrauenverband e.V. (dlv) als Kooperationspartner. Das Projekt wurde durch das BMEL aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) mit rund 977.000 Euro gefördert.

Die Studie befasste sich mit folgenden zentralen Fragestellungen:
– Wie ist die Lebens- und Arbeitssituation der Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben?
– Wie verändert die Transformation in Landwirtschaft und Gesellschaft das Leben der Frauen auf den landwirtschaftlichen Betrieben in den ländlichen Regionen?
– Welche Schlussfolgerungen sind aus den gewonnenen Erkenntnissen für die Politik und für die Landfrauenvertretungen zu ziehen?

Die Ergebnisse der Studie sind in einem Policy Brief und einer Broschüre zusammengefasst, die Sie hier<https://www.bmel.de/DE/themen/laendliche-regionen/ehrenamt/landfrauen-studie.html> abrufen können.

Quelle: bmek.bund.de

 

Von redaktion